Sauerkraut selber machen – kleiner Einstieg in die Milchsäuregärung

Für den Prinzessinnengarten bin ich eines schönen Wochenendes nach Baden Baden gefahren, um dort im Rahmen eines Sommerprogramms der Kunsthalle Baden Baden einen Workshop zum spannenden Thema Milchsäuregärung zu leiten. Die jüngsten Workshopteilnehmerinnen waren 10 und 11 Jahre alt. Sie warem mit große Eifer bei der Sache und fanden es höchst interessant, das man mit Hilfe von den unsichtbaren und klitzekleinen Mikroorganismen, die in uns und um uns Leben, leckere Lebensmittel produzieren kann. Jedenfalls haben sie besser verstanden als manch ein Erwachsener, dass man nicht zuviel Hygiene anstreben und auch etwas flexibel sein sollte, wenn man mit den Bakterien gut zusammenarbeiten möchte!

In dem Workshop ist diese Einführung nebst Grundrezept für Sauerkraut entstanden. Wir haben aber auch Gurken, Zucchinis und Möhren fermentiert. Dazu bald mehr…

Kleine Einführung in die Lactofermentation/Milchsäuregärung von Lebensmitteln

Milchsäurebakterien zersetzen im Rahmen ihres Stoffwechsels Zucker/Glucose und bauen ihn im wesentlichen zu Milchsäure ab. Diese chemische Umsetzung dient den Bakterien als Energiequelle. Die produzierte Milchsäure ist eine Waffe gegen unliebsame Konkurrenten die nicht in der Lage sind, in einer sauren Umgebung zu überleben.

Bei der Milchsäurefermentation von Gemüse sind salztolerante Bakterien im Einsatz, die vorwiegend ohne Sauerstoff arbeiten wollen, bzw. Reste von Sauerstoff für ihren Stoffwechsel verbrauchen.

In einem mehrstufigen Vorgang bilden sie Bläschen und treiben zunächst den Sauerstoff aus, dann produzieren sie die Milchsäure und später auch Essigsäure, die dem sauren Gemüse den typischen Geschmack verleiht.

Was passiert genau?
Auf dem Gemüse wohnen eine ganze Reihe von Bakterien, Pilzen und Hefen, die nur darauf warten, es endlich zersetzen zu können. Je nachdem welche Bedingungen man für die Lagerung schafft, kommen die einen oder die anderen zum Zug.

Bei der Lactofermentation wird dem Gemüse durch Salz und Druck der eigene Saft entzogen, bis es vollkommen mit Salzlake bedeckt ist. Wenn nicht genügend Saft austritt, bzw. die Gemüsesorte wenig saftig ist, fügt man eine milde Salzlake hinzu. Das Gemüse muss komplett bedeckt sein, denn in der Luft lauern Hefen, die die Fermentierung stören können. Die Milchsäurebakterien arbeiten auch ohne Luft. Sie bauen den Zucker im Zellsaft zu Milchsäure, Essigsäure, Alkohol und CO2 ab. Je länger sie arbeiten dürfen, desto mehr Säure wird produziert, das Gemüse wird also immer saurer.
Durch die Arbeit der Bakterien entweicht Luft und im Glas entsteht anfangs ein leichter Schaum, den man am Besten alle 2-3 Tage abschöpft

Prinzipiell kann man das eingelegte Gemüse nach einer ersten Fermentationsphase von 3-4 Tagen schon essen. Es hat dann schon eine leicht säuerliche Note und einen prickelnden Geschmack. Richtig abgeschlossen ist die Fermentation so nach 10-14 Tagen, abhängig von Temperatur, Gemüse und Bakterien.

Die Gläser mit dem Gemüse während der Gärung bei Zimmertemperatur lagern. Hat das Gemüse den gewünschten Säuregrad erreicht, die Gläser in den Keller oder im Kühlschrank kühl stellen. Hier kann sich das fermentierte Gemüse bis zu einem halben Jahr halten

Weiterführende Lektüre /leider auf englisch weil es erstaunlicherweise in Deutschland noch keine Fermentations-Bewegung gibt:

http://www.wildfermentation.com/who-is-sandorkraut/
Michael Pollan: Cooked (Toller Autor Buch gibt es bestimmt auch bald auf Deutsch)
http://www.punk-domestics.com (coole Seite mit ganz vielen Rezepten zum Einmachen, unter dem Stichwort Lactofermented gibt es auch viele Rezepte)

NOCH FRAGEN? Gerne an post@tidbits.de

Grundrezept Sauerkraut

1 kg Weißkohl
12 g Salz
1 nicht ganz voller TL Pfefferkörner
Weitere mögliche Gewürze:
Piment
Lorbeer
Senfkörner
Chilipulver
1/Apfel

2-3 große Gläser mit Schraubverschluss heiß ausspülen.

Die äusseren Kohlblätter entfernen und waschen. Diese können im Glas noch zur Abdeckung des Krauts benutzt werden. Den Kohlkopf vierteln und den dicken Strunk rausschneiden.

Den Kohl mit einem Hobel in fein Streifen schneiden. In einer großen Schüssel den gehobelten Kohl und das Salz mischen und dabei sehr sehr sehr kräftig durchkneten. Das Kneten und das Salz löst den Zellsaft aus dem Kohl. In diesem Saft arbeiten die Milchsäurebakterien besonders gerne. Je kräftiger man knetet desto flüssiger wird es in der Schüssel. Eventuell noch einen Stampfer zu Hilfe nehmen. Das Kraut muss richtig schwimmen!

Das Kraut in die Gläser einstampfen. Es soll so wenig Luft wie möglich zwischen dem Kraut sein. Dazwischen die Gewürze geben. Die Glaser nicht ganz randvoll mit Kraut füllen, das Kraut mit einem Stück Kohlblatt abdecken und das Glas mit eventueller Restflüssigkeit aus der Schüssel auffüllen. Das Kraut muss durch Flüssigkeit vollständig abgedeckt sein, sonst droht der Schimmelbefall!! Wenn nicht genügend Flüssigkeit da ist, kann man etwas nachmachen. Dazu 1 Tasse Wasser mit einem TL Salz mischen, evtl. noch ein Schuss Buttermilch dazugeben. Das sorgt für viele Milchsäurebakterien!

Den Deckel leicht zudrehen, aber nicht fest verschliessen!! Die „Bakterienluft“ muss entweichen können. Die kann manchmal auch ein bisschen schräg riechen, nicht wundern!! Prinzipiell kann man das eingelegte Kraut nach einer ersten Fermentationsphase von 3-4 Tagen schon essen. Richtig abgeschlossen ist die Fermentation so nach 14-20 Tagen, abhängig von Temperatur, Kohl und Bakterien.

Die Gläser mit dem Sauerkraut während der Gärung bei Zimmertemperatur lagern. Hat das Gemüse den gewünschten Säuregrad erreicht, die Gläser in den Keller oder im Kühlschrank kühl stellen. Hier kann sich das Sauerkraut bis zu einem halben Jahr halten

Rotsauerkraut mit Äpfeln und Wacholder
Wie oben, anstelle von Weißkohl nimmt man halt Rotkohl und raspelt noch einen geschälten und entkernten Apfel mit dazu. Gewürzt wird mit Pfeffer und Wacholderbeeren.

Sauerkraut „Asia“ mit Knoblauch, Ingwer und Chili
Wie Grundrezept, anstelle von Weißkohl kann man Chinakohl nehmen.
Dazu hackt man 4 Knoblauchzehen, 1 rote Chilischote und 1 mittlere Ingwerknolle. Diese Gewürze knetet man gründlich in das Sauerkraut mit ein.

8 Kommentare

  1. Klaus-Peter · September 4, 2013

    In Deutschland gibt es noch keine Fermentationsbewegung…
    Das sollte sich ändern.
    Das hier bekannte Sauerkraut wird ja meist gekocht, also ohne lebende Bifidobakterien, genossen.
    Man kann beim fermentierten Gemüse so viel variieren – da lässt sich fast jeder Geschmack treffen.
    Zum Roh-Essen: Da sind die Geschmäcker extrem unterschiedlich, auch empfindlich. Man kann aber das fermentierte Gemüse dem individuellen Geschmack sehr schon anpassen.

    Zum Beispiel

  2. Pingback: Sauerkraut: Das Revival
  3. utecht · April 23, 2014

    Du folgst mir, also lese ich nun hier – und bin ganz angetan. Feiner Blog!
    Und vielleicht der Anstoß, der bisher gefehlt hat, selbst Sauereien herzustellen.

    • berlintidbits · April 23, 2014

      cool, mach mal! bitte um bericht!. freu mich dass dir mein blog gefällt. mir hat gefallen, das du kräuter geerntet hats . habe ich nämlich auch gerade! schönen tag!

      • utecht · April 23, 2014

        werde berichten 🙂

  4. dilemmy · Mai 14, 2014

    Ahhh spannend! Und gut zu wissen. Werde ganz bald ausprobieren.

  5. Jule · April 8, 2015

    Danke für dieses tolle Rezept 🙂

  6. MiaGreen · Juni 11, 2019

    Vielen Dank für die tolle grundlegende Info zum Thema. Jetzt verstehe ich auch den Sinn hinter den Rezeptanweisungen.

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